Die Studie zum Forschungsprojekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Einführung
Die Publikation „Ageismus“ untersucht Altersbilder und die damit verbundene Altersdiskriminierung in Deutschland. Sie zeigt, wie Vorurteile über das Altern die Teilhabe älterer Menschen am gesellschaftlichen Leben beeinflussen und teilweise diskriminierendes Verhalten begünstigen. Das Ziel der Studie ist es, aktuelle und umfassende Daten zu diesen Vorstellungen zu erheben und eine differenzierte Sicht auf das Alter(n) zu fördern.
Bilder vom Altsein und Altwerden beeinflussen, wie Menschen ihr eigenes Leben gestalten und wie ältere Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Diese Vorstellungen können auch zu Diskriminierung führen, wenn sie negative Vorurteile über ältere Menschen verstärken. Die Studie möchte ein besseres Verständnis über die Ansichten der Deutschen zu älteren Menschen und dem Alter schaffen. Dafür wurden 2.000 Personen ab 16 Jahren in Deutschland befragt. Die Befragungen fanden vom 10. bis 25. Januar 2022 durch das Meinungsforschungsinstitut Kantar Public statt.
Erhebungsverfahren: Telefoninterviews, entwickelt auf Basis systematischer Literaturanalysen.
Themenfelder: Wahrnehmung von Altersgrenzen, Altersfremdbilder, erlebte Diskriminierung und die gesellschaftliche Rolle älterer Menschen.
Autoren

Prof. Dr. habil. Eva-Marie Kessler
Prorektorin Interdisziplinarität und Wissenstransfer,
Professur für Gerontopsychologie | MSB (Hochschule für Gesundheit und Medizin)

Prof. Dr. Lisa Marie Warner Professur für Sozialpsychologie | MSB (Hochschule für Gesundheit und Medizin)
Theorie und Forschungsstand
Es werden zentrale Begriffe wie Altersstereotype, Altersvorurteile und Altersdiskriminierung erläutert. Die theoretischen Grundlagen und bisherigen Forschungsergebnisse, insbesondere zur Entstehung und Verbreitung von Altersbildern, werden zusammengefasst (S. 19-33)
- Stereotype über das Alter: Alte Menschen werden oft als gebrechlich und wenig lernfähig beschrieben
- Positive Altersbilder: Vorstellungen, dass ältere Menschen über besondere Weisheit und Gelassenheit verfügen
- Negative Altersbilder: Ältere werden als unflexibel und technikfeindlich angesehen
Ergebnisse zu Altersbildern und Wahrnehmungen
Erste Ergebnisse zeigen, dass Altersbilder stark von Stereotypen geprägt sind und Unterschiede in der Wahrnehmung zwischen verschiedenen Altersgruppen bestehen. Es wird deutlich, dass jüngere und ältere Menschen das Alter unterschiedlich bewerten und erleben (S. 49-90)
- Einfluss des eigenen Alters: Jüngere Menschen haben oft andere Altersbilder als ältere
- Sozioökonomischer Hintergrund: Bildung und Einkommen beeinflussen die Wahrnehmung des Alters
- Medienkonsum: Medienberichte und Darstellungen prägen oft die Sicht auf das Alter und ältere Menschen
Wichtige Ergebnisse der Studie
- Alterswahrnehmung: Menschen in Deutschland betrachten andere häufig schon ab 60 Jahren als „alt“. Der Durchschnitt der wahrgenommenen Altersgrenze liegt bei 61 Jahren (S. 90).
- Wissen über ältere Menschen: Viele Befragte überschätzen den Anteil älterer Menschen. 74 % der Befragten schätzen den Anteil der über 70-Jährigen zu hoch ein (S. 91) .
- Ambivalente Altersbilder: Die Vorstellungen über das Alter sind gemischt. Zwar werden alte Menschen oft als gesundheitlich eingeschränkt und einsam gesehen, gleichzeitig gelten sie aber auch als weise und gelassen (S. 94-96) .
- Diskriminierungserfahrungen: Mehr als ein Viertel der Befragten hat Diskriminierung aufgrund des Alters erlebt, vor allem im Arbeitsleben (S. 74).
Handlungsempfehlungen
- Förderung positiver Altersbilder: Gesellschaftliche Programme sollen die Potenziale des Alters betonen (S. 107).
- Bildungsangebote: Vermittlung von Faktenwissen über das Altern, um Vorurteile abzubauen
- Wissensvermittlung über Alterungsprozesse: Dazu gehören Programme, die Fehleinschätzungen über das Altern aufklären und Informationen zum biologischen Alterungsprozess vermitteln. Methoden wie Diskussionen, Quizze oder Simulationen werden als effektive Ansätze genannt (S. 111-113)
- Generationenübergreifende Bildungsangebote: Dazu gehören Workshops und Projekte, die junge und ältere Menschen zusammenbringen, um durch persönlichen Austausch Vorurteile abzubauen und gegenseitiges Verständnis zu fördern (S. 135 – 137)
- Gesetzliche Maßnahmen: Die Studie diskutiert die Notwendigkeit der Erweiterungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zur Bekämpfung von Altersdiskriminierung mit konkreten Vorschlägen:
- die Einschränkung von Rechtfertigungsmöglichkeiten im Bereich privater Versicherungen und eine bessere Auskunftspflicht für Arbeitgeber bei Absagen an Bewerber*innen (S. 132-133).
- die Ausweitung der Schutzmechanismen im Zivilrecht verwiesen, um eine umfassendere Absicherung gegen Altersdiskriminierung zu gewährleisten. Diese Anpassungen könnten auch Höchstaltersgrenzen bei Ehrenämtern betreffen, was eine gezieltere Bekämpfung von Altersdiskriminierung ermöglicht (S. 135).
Fazit: Die wachsende Bedeutung von Ageismus
Ageismus, also die Diskriminierung aufgrund des Alters, wird in Zeiten des demografischen Wandels immer wichtiger. Da der Anteil älterer Menschen steigt, müssen negative Vorurteile überwunden werden, um eine aktive und gleichberechtigte Teilhabe aller Generationen zu ermöglichen. Die Studie zeigt, dass ein differenzierterer Blick auf das Alter notwendig ist, um das Miteinander der Generationen zu fördern und die Herausforderungen des demografischen Wandels besser zu bewältigen (S. 9).

Begleitend zur 144 Seiten langen Publikation wurde im Januar 2023 ein Handout als Kurzfassung mit 20 Seiten herausgegeben.