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Best Practice – Seniorenpolitische Strategie Landkreis Mittelsachsen

Der Hintergrund des Projektes ist die absehbare Veränderung der Bevölkerungsstruktur in ländlichen Regionen, auf die der Landkreis Mittelsachen mit dem Projekt reagiert: Während die Einwohnerzahl stetig zurückgeht, wird die Gruppe der über 65-Jährigen sukzessive wachsen. Die Ausarbeitung einer seniorenpolitischen Strategie stellt somit eine zielgerichtete Antwort auf diese Dynamik dar, wobei – und das ist eine Besonderheit am vorzustellenden Projekt – deren Erarbeitung im Rahmen eines umfassenden Beteiligungsprozesses stattfindet.

Für die Entwicklung einer seniorenpolitischen Strategie hat der Landkreis Mittelsachsen deshalb im letzten Jahr den Sonderpreis des Alters-Vielfaltspreis für Generationenarbeit in Sachsen gewonnen.

Denn das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie eine kommunale Eigeninitiative strategisch und zukunftsorientiert auf die demografischen Veränderungen reagieren kann.

Jeder der vier Preisträger:innen wird nun im Folgejahr als Best-Practice-Beispiel für die Generationenarbeit im Rahmen einer Portraitierung als niedrigschwellige Handreichung aufbereitet.

Auf dieser Seite geben wir Ihnen eine Übersicht in Kurzform. Das vollständige Porträt zur Seniorenpolitischen Strategie für den Landkreis Mittelsachsen finden Sie unten auf dieser Seite – als PDF zum lesen und herunterladen.

In welches Handlungsfeld der Generationenarbeit lässt sich das Projekt einordnen?

Lebensphasen und Übergänge – Das Projekt macht die Lebenswelten älter werdender und älterer Menschen sichtbar, fördert eine differenzierte Sicht auf sie und möchte Menschen dabei unterstützen, Altern selbstbestimmt zu gestalten und individuelle Lösungen zu entwickeln.


Schwerpunkte der Portraitierung – Generationenprojekt aus Mittelsachsen

Zielgruppen und Generationen

Im Mittelpunkt des Projekts stehen älter werdende und ältere Menschen, wobei verschiedene Lebensphasen – von jüngeren und mittleren älteren Menschen bis hin zu Hochaltrigen – unterschieden werden. Außerdem richtet sich das Projekt an Personen, die derzeit noch im Erwerbsleben stehen und erst in einigen Jahren in den Ruhestand treten.

Umsetzung der seniorenpolitische Strategie

Die seniorenpolitische Strategie ist als breit angelegter Beteiligungsprozess konzipiert. Ein wichtiger institutioneller Schritt war die Etablierung des mittelsächsischen Seniorenbeirates. Mittelfristig ist zudem der Aufbau eines Netzwerks geplant, das die Seniorenbeiräte der einzelnen Kommunen des Landkreises miteinander vernetzen soll. Außerdem erwies sich die wissenschaftliche Begleitung durch die Hochschule Mittweida (Fakultät Soziale Arbeit unter der Leitung von Prof.in Dr.in Isolde Heintze) als zentrales Element. Diese organisiert unter anderem eine Befragung, die sich an Menschen ab 55+ Jahren richtet.

Wirkung und Ergebnisse

Der breit angelegte Beteiligungsprozess hat bereits in der Entwicklungsphase Wirkung entfaltet. So wurde beispielsweise in Politik, Verwaltung und Fachöffentlichkeit die Aufmerksamkeit für die vielfältigen Lebensrealitäten und Bedürfnisse älterer Menschen deutlich erhöht. Gleichzeitig sensibilisiert der Prozess die Bürger:innen selbst: Sie können sich aktiv einbringen, sich mit ihrer eigenen Zukunft auseinandersetzen und die Angebote vor Ort mitgestalten.

Übertragbarkeit

Das vorliegende Projekt hat Modellcharakter. Es lädt zur Nachahmung ein und lässt sich perspektivisch auf andere Kontexte anwenden. Vor allem die institutionellen Schritte – beispielsweise die Einführung des landkreisweiten Seniorenbeirates oder der Seniorenforen – sind gut nachvollziehbar und können sowohl auf Kommunen als auch auf andere Landkreise adaptiert werden. 

Hemmende und fördernde Faktoren

Im Laufe des Projektes zeigten sich sowohl fördernde als auch hemmende Faktoren, die im Folgenden aufgeschlüsselt werden sollen.

Fördernde Faktoren

1. Thematisierung des demografischen Wandels
Das Landratsamt hat beschlossen, demografische Veränderungen stärker zu beachten. Das zeigt sich in politischen Beschlüssen und in den Sozialberichten des Landkreises.

2. Unterstützung durch Kreistag und Seniorenbeirat
Der Kreistag hat die Gründung eines Seniorenbeirats beschlossen. Dadurch bekam das Projekt mehr Aufmerksamkeit und wurde von Vertreter:innen älterer Menschen inhaltlich begleitet.

3. Gute Zusammenarbeit im Landratsamt
Seit 2016 gibt es eine bereichsübergreifende Arbeitsgruppe zur Sozialplanung. Diese Zusammenarbeit hilft, schneller und besser Entscheidungen zu treffen.

4. Kooperation mit der Hochschule Mittweida
Die Hochschule unterstützt den Landkreis beim Aufbau eines Sozialmonitorings. Außerdem hilft sie bei der Planung und Durchführung einer Umfrage für Menschen ab 55 Jahren. Auch Studierende sind daran beteiligt.

Hemmende Faktoren

1. Schwierige Finanzierung
Das Projekt sollte Fördergelder einwerben – das war aber schwierig. Der Landkreis konnte die nötigen Mittel nicht aus dem normalen Haushalt zahlen. Die Suche nach Geld kostete Zeit und brachte weniger ein als erhofft.

2. Weniger Umfragen möglich
Wegen fehlender Mittel mussten zum Beispiel die geplanten schriftlichen Befragungen kleiner ausfallen.

3. Schwierige Datenerhebung
Es war aufwendiger als gedacht, Informationen über vorhandene Angebote und Strukturen zu sammeln. Viele digitale Daten waren nicht aktuell oder schlecht zugänglich.

4. Probleme mit externen Datenbanken
Die Nutzung externer Daten war ebenfalls kompliziert – durch technische, rechtliche und personelle Hürden. Das hat viel Zeit und Personal in Anspruch genommen.

Tipps und Tricks aus Sicht der Beteiligten

Die Projektbeteiligten blicken insgesamt positiv auf den Entwicklungsprozess – und haben zugleich konkrete Hinweise formuliert, was sich aus heutiger Sicht bewährt hat und wo sie rückblickend anders agieren würden.

Bewährte Schritte:
  • Enge Kooperation mit der kommunalen Politik, verschiedenen Trägern und der Wissenschaft
  • Vielfältige Beteiligungsformate für Bürger:innen als Schlüssel zur Akzeptanz und Umsetzung
  • Fokus auf lokal umsetzbare Maßnahmen, um konkrete Veränderungen vor Ort zu ermöglichen
  • Frühes Gewinnen von Mitstreitenden stärkt die Dynamik im Projekt
  • Kleine, sichtbare Erfolge schaffen Motivation und Bestätigung im Prozess
  • Generationenübergreifende Perspektiven mitdenken für langfristig tragfähige Lösungen
Lernpunkte & Empfehlungen für Nachahmer:innen:
  • Frühe Kooperation mit Seniorenbeiräten, um Synergien frühzeitig zu nutzen
  • Ausreichend Zeit und Ressourcen einplanen – vor allem für Befragungen, Auswertungen und interne Abstimmungen
  • Demografischen Wandel als Chance kommunizieren, nicht nur als Herausforderung
  • Geduld und langer Atem notwendig, um nachhaltige Wirkung zu erzielen

Weiterführende Informationen, Projektteam

Homepage Integrierte Sozialplanung Landkreis Mittelsachsen

Quelle: Screenshot Startseite mittelsachsen-sozial.de/2024/08/seniorenpolitische-strategie

Projektteam LRA Mittelsachsen und Hochschule Mittweida

Bildquelle: Hochschule Mittweida | Projektteam Hochschule Mittweida und Koordinatorin ISP LRA Mittelsachsen v.l.n.r. Friederike Haubold, Tabea Esche, Prof.in Dr.in. Isolde Heintze, Sylvia Kempe

Bildquelle: Hochschule Mittweida

Der politische Auftrag eine seniorenpolitische Strategie für den Landkreis Mittelsachsen zu entwickeln, gibt uns Gelegenheit und Aufmerksamkeit dafür, den demografischen Wandel gemeinsam zu gestalten. Der Eintritt der sogenannten „Babyboomer“ in die Nacherwerbsphase verändert das gesellschaftliches Miteinander im Landkreis Mittelsachsen. Nicht nur der Arbeitsmarkt auch Angebote in den Bereichen Freizeit, Wohnen, Gesundheit und Unterstützung werden sich wandeln und den Bedürfnissen der älter werdenden Menschen anpassen. Wir verstehen den Strategieprozess deshalb als Einladung an jeden Einzelnen darüber nachzudenken, wie Leben im Alter in naher Zukunft aussehen kann und gemeinsam vor Ort gute Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.“

Sylvia Kempe, Koordinatorin Integrierte Sozialplanung Landkreis Mittelsachsen

Bildquelle: Hochschule Mittweida

Sozialberichte bieten einen umfassenden Überblick über die Lebenslagen aller Generationen und dienen als Grundlage für eine vorausschauende, strategisch ausgerichtete Sozialplanung. Sie unterstützen datenbasiertes Handeln in Politik und Verwaltung und sollten daher kontinuierlich fortgeschrieben werden. Dabei ist es unerlässlich, die verschiedenen Themenbereiche nicht isoliert, sondern vernetzt und in ihrem gegenseitigen Zusammenhang zu betrachten, um ganzheitliche und nachhaltige Lösungsansätze zu gewährleisten.”

Tabea Esche, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hochschule Mittweida

Komplettfassung der Portraitierung zum Download

Verfasser des Portraits zur Seniorenpolitischen Strategie für den Landkreis Mittelsachsen

Dr. Philipp Thimm | Wissenschaftliche Begleitung & Evaluation

Der Sozial- und Politikwissenschaftler treibt die Entwicklungsarbeit der Sächsischen Generationenagentur weiter voran. Im Mittelpunkt seiner Tätigkeiten stehen die Analyse von Sozialräumen, die Portraitierung von Best-Practice-Beispielen und die Entwicklung eines Bewertungsindexes – etwa für den diesjährigen Generationenaward.

Sie haben Fragen zur Evaluierung oder möchten für eine mögliche Übertragung unterstützt werden?  

Kontaktieren Sie Dr. Philipp Thimm: pt@generationen-in-sachsen.de